Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: IG Metall geht gegen Arbeitgeber-Willkür vor

20.09.2024 | Krank zur Arbeit, um Geld zu verdienen? Das Entgeltfortzahlungsgesetz regelt das Gegenteil. Bis zu sechs Wochen steht der Arbeitgeber in der Pflicht, das Entgelt fortzuzahlen. Erst danach muss erst das Krankengeld der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. 1956 haben Mitglieder der IG Metall die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall mit Streiks in Schleswig-Holstein für die Metall- und Elektroindustrie durchgesetzt. Seit knapp 70 Jahren also gibt es diesen Anspruch also. 1969 wurde dann das Lohnfortzahlungsgesetz durch den Bundestag für alle Beschäftigten beschlossen.

Seit einigen Monaten versuchen Arbeitgeber in der Region, diesen Anspruch mit unlauteren Mitteln zu kippen. Dies ruft die IG Metall auf den Plan: „Wir haben im letzten Jahr über 100 Anfragen von unseren Mitgliedern erhalten, weil die Lohnfortzahlung im Betrieb verweigert wurde“, weiß Fabian Ferber, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Märkischer Kreis, zu berichten. „Oftmals verweisen Arbeitgeber dann auf Urteile des Bundesarbeitsgerichts, nach denen vermeintlich auf Verdacht das Geld einbehalten werden kann. In einem Fall hat es keine Entgeltfortzahlung gegeben, weil der Arbeitgeber dem Beschäftigten unterstellt hat, wegen einer befristeten Versetzung vom eigentlichen Arbeitsplatz nicht zur Arbeit kommen zu wollen. Dabei hat der Beschäftigte schon über Wochen auf dem anderen Arbeitsplatz gearbeitet. 

In anderen Fällen fordert der Arbeitgeber, dass Beschäftigte ihre Ärzte von der Schweigepflicht entbinden oder zumindest darlegen, welche Diagnose festgestellt wurde. Das Interesse mag vielleicht dann bestehen, wenn ein Beschäftigter im Laufe eines Jahres über sechs Wochen arbeitsunfähig gewesen ist. Selbst dann halten wir das für ein äußerst fragwürdiges Verhalten. Uns sind aber schon Fälle bekannt, bei denen am ersten Krankheitstag im Jahr die Offenlegung der Diagnose eingefordert wurde.“ Einige Arbeitgeber, so die IG Metall, wollen die Diagnosen über Jahre in den Personalakten hinterlegen – aus Sicht der Gewerkschaft ein klarer Verstoß gegen geltendes Datenschutzrecht. 

Für Ferber ist klar: „Wenn Arbeitgeber meinen, über die Hintertür und mit unlauteren Tricks die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall reif zu schießen, werden wir Widerstand leisten. Wir haben nun über 20 Mitgliedern Rechtsschutz gewährt, den sie über ihre Mitgliedschaft in Anspruch nehmen können. Hier wird Kolleginnen und Kollegen, die arbeitsunfähig sind, Geld vorenthalten. Das machen wir nicht mit.“ Mitglieder der IG Metall werden aufgerufen, bei vergleichbaren Fällen dringend einen Antrag auf Rechtsschutz bei der Gewerkschaft zu stellen.

Sollte sich diese Praxis, die im gesamten Kreisgebiet zur Anwendung kommt, nicht einstellen, müsse man auch Druck auf die Politik ausüben: „Hier muss dann das Entgeltfortzahlungsgesetz nachgeschärft werden, um diesen Missbrauch noch klarer auszuschließen und auch über Sanktionsmöglichkeiten nachdenken.“

Kevin Dewald, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall, kündigt an: „Wir werden im Oktober auf einer Tagesschulung für Betriebsräte in unserer Region über das Thema reden und die Möglichkeiten von Betriebsräten und Beschäftigten aufzeigen, um gegen diesen Missbrauch vorzugehen. Und selbstverständlich werden wir es nun auch verstärkt auf Betriebsversammlungen und Gesprächen mit den Arbeitgebern zum Thema machen.“

 

Von: jl

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